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Walk your bike...

Heute früh lassen wir eine Tradition wieder aufleben. Gunnar geht laufen, ich suche Muscheln am Strand. Es ist heute tüchtig windig und das erschwert die Muschelsuche in den Wellen. Dennoch landet das eine oder andere Exemplar in meinem Muschelnetz, während Gunnar sich sportlich betätigt. Wie immer treffen wir uns wieder vor der Unterkunft und frühstücken danach gemütlich.

 

Sieht zwar immer etwas spartanisch aus, aber in Ferienwohnungen gibt es halt keine Servietten und Dekokram. Wichtig sind die warmen Bagel, die gleich aus dem Toaster springen...

Danach radeln wir in das Ding Darling National Wildlife Refuge. Wir kennen diesen Rundweg schon aus unseren anderen Sanibel-Urlauben. Mit dem Fahrrad kostet der Eintritt weiterhin nur 1 $ pro Person und man hat die Wahl zwischen 2 Routen. Eine kürzere Strecke, die über einen Vogelaussichtsturm zurück zum Eingang führt und eine längere Strecke, die einmal komplett durchs Refuge führt und uns fast zum Ende der Insel Sanibel bringt. Für diese lange Strecke entscheiden wir uns heute. "It should be an easy ride" sagt der Mann am Eingang.

 

Auch das Refuge hat unter Hurrikan Ian etwas gelitten, aber insgesamt ist es sehr grün. Vögel zeigen sich heute eher verhalten und auch die Alligatoren bleiben unter Wasser. Über uns kreisen immer mal wieder Fischadler und Ibisse, aber in den Bäumen und auf dem Wasser lässt sich nur wenig Getier blicken. Trotzdem ist die Fahrt sehr schön. Wir stellen auch hier wieder fest: es ist einfach leer. Auf der gesamten Strecke begegnen uns 4 andere Radfahrer und wir sehen 5 oder 6 Autos. Das war sonst deutlich mehr.

Das Refuge endet an der San-Cap, der Verbindungsstraße von Sanibel und Captiva Island. Ganz in der Nähe ist der Bowman's Beach und da legen wir eine kleine Pause ein.

 

Allerdings ist es trotz des Windes heiß und die Sonne knallt vom Himmel. Ohne Sonnenschirm ist es für uns nicht auszuhalten, sodass wir relativ schnell wieder die Fahrräder nehmen und zurück radeln.

Auf dem Rückweg kämpfen wir ordentlich gegen den Wind. Die Räder hier haben weder Gangschaltung noch "E", also ist pure Muskelkraft angesagt. Ich finde, dass es zunehmend schwerer geht und irgendwann habe ich das Gefühl, mein Reifen ist platt. Er hat zumindest viel Luft verloren und so schaffe ich den Weg nach Hause sicher nicht. Als wir uns den Reifen anschauen, sehen wir einen Dorn, ziehen ihn fatalerweise raus und lassen damit ungewollt auch noch die letzte Restluft aus dem Reifen. Bis zur Unterkunft sind es ab hier noch gut 8 km.

Nun ja, eine Lösung muss her und die sieht wie folgt aus: Gunnar strampelt sich gegen den Wind bis zur Unterkunft, ich schiebe derweil mein Fahrrad Richtung Eingang Ding Darling, dort holt er das Fahrrad und mich dann mit dem Auto ab. Die Sonne scheint, ich habe etwas zu trinken dabei und so machen wir es.

 

In meinem Kopf läuft eine Dauerschleife von Fats Dominos "I'm walking" und ich freue mich, dass fast jeder andere Radfahrer anhält und Hilfe anbietet. Ich erkläre, dass eine Luftpumpe keine Linderung bringt, weil das Loch im Reifen zu groß ist. Ein Radfahrerpärchen versucht es mit einem Schaum aus der Dose, aber auch das hilft leider nichts. Und so laufe ich und schiebe mein Rad, bedanke mich bei jedem, der anhält, fragt und Hilfe anbietet und bin dann irgendwann am Ding Darling Refuge. Von Gunnar ist noch nichts zu sehen.

 

Ich laufe also noch weiter, schiebe mein Rad bis zur Rabbit Road und muss dort die Straße überqueren. Als ich auf der anderen Seite ankomme, hält ein Pickup neben mir. Der Fahrer sagt, er hätte meinen platten Reifen gesehen und wolle mir helfen. Seine Frau hätte Flickzeug und sie könnten mich auch irgendwo absetzen. Wirklich, alle sind hier supersüß. Ich bedanke mich, verweise aber auf Gunnar, der schon auf dem Weg zu mir ist. Und tatsächlich kommt er kurze Zeit später auf den Parkplatz, wir laden das Bike in den Kofferraum und fahren zur Unterkunft.

Und weil wir diese Radtour unter erschwerten Bedingungen so entspannt gemeistert haben, lassen wir uns für den Rest des Tages am Strand nieder. Sonnenschirm auf, 2 Stühle aufgestellt, Handtücher drauf, Kühltasche mit kalten Getränken zu unseren Füßen und den E-Reader in der Hand. Herrlich. So lässt es sich aushalten. Der konstante Wind sorgt dafür, dass wir nicht zu sehr schwitzen und Gunnar springt hin und wieder in die Wellen und sucht Muscheln für mich.

Am frühen Abend bewölkt es sich etwas, wir räumen zusammen, fahren kurz zu Jerry's und holen uns ein Abendessen. Heute Abend geht es für uns früh ins Bett, denn morgen müssen wir zeitig aufstehen. Wir haben etwas vor.